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Waldschrats Abenteuerküche 1. Leseprobe: Seite 7 -10

Erwin träumt in den Tag. Er träumt nicht von Suse, Hummelberta oder Pia, die erst im vergangenen Jahr hier in die Gegend gezogen ist und hinter den Bahngleisen wohnt. Auch nicht von Gesine, die ihm vor Jahren, als sie mit ihrem Zirkuswohnwagen durch diese Gegend zog, den Kopf verdreht hat - er träumt von einer Sommerküche.
Nein, es soll ein Abenteuerküche werden, nicht nur für den Sommer, für das ganze Jahr. Dort hinter seinem Haus auf der kleinen Wiese, die von dem Staketenzaun umgeben ist, sieht er einen Backofen mit einer Kochhexe daran entstehen. Weißer Rauch steigt aus dem Schlot empor und auf der Kochhexe köcheln Kartoffeln und bolivianische Bohnen. Im Bauch des Ofens ist der Bratschaben mit einem zerlegten Reh, eingelegt in Wurzelwerk, Weißwein und einem Schuss weißem Rum. Erwin wischt sich die Augen, zieht an seinem Ziga-rillostumpen und spült seinen Mund mit einem kräftigen Schluck Rotwein. Eine dicke Hummel taumelt durch die Frühlingsluft und Erwin muss sogleich an Berta denken, die er wegen ihrer schwarz-gelb geringelten Strümpfe liebevoll Hummelberta nennt. Ja, sie ist echt knuffig und manchmal schläft sie auch oben bei ihm in seinem Stübchen. Manchmal schläft dort auch Suse, aber das ist nicht problematisch, denn Suse und Hummelberta sind dicke Freundinnen. Er streckt die Beine lang aus, schnauft und sein Blick verliert sich am Waldrand hinter der Kuhweide. Es ist nachmittags im April kurz vor fünf Uhr und jetzt wird ihm kalt, hungrig ist er auch. Erwin geht in das Haus, zieht sich seine Lammfelljacke an, schneidet zwei Scheiben Brot ab, legt sie auf sein großes Käseholzbrett, dazu aufgeschnittenen Wildschwein-schinken und eine handvoll Walnüsse, greift sich auch die Flasche Knoblauchschnaps, ein kleines Schnapsglas, das ihm Suse vom Antikhandel mitgebracht hat, balanciert alles nach draußen und setzt sich wieder auf die Bank. Käsebrett und Knoblauchschnaps stellt er auf den kleinen selbst gebauten Tisch aus Douglasienholz. Er beißt von der Stulle ab, schiebt sich zwei Scheiben Schinken in den Mund und zerdrückt in der Hand zwei Nüsse, die er säuberlich auspuhlt. So geht das weiter. Nach zwei Knoblauchschnäpsen nimmt Erwins Plan Gestalt an.
Die Sonne geht unter und die feuchte Kälte lässt ihn zurück ins Haus gehen. Da sieht er linkerhand im Wald ein leichtes Glimmern näher kommen und weiß, dass die Elfe Hedwig ihm einen Besuch abstattet. In der Küche stellt er vorsorglich zwei rote Keramikbecher auf den Tisch, die Haustür hat er offen gelassen. Die Elfe schwebt in die Küche und zieht einen Schweif kalter Luft hinter sich her. Erwin schließt die Haustür.
»Hedwig, alte Nudel, was führt dich zum Abend noch hierher?«
»Ich habe deine Rauchzeichen bemerkt und dachte mir, da sitzt Erwin knasternderweise auf der Bank und heckt etwas aus. Nun, klärst du mich auf?«
»Ich habe den Blick in die Weite gerichtet, geträumt und der Knoblauchschnaps hat meine Gedanken beflü-gelt. Es gibt ein neues Projekt.«
»Hast du von Suse geträumt?«
»Nee, auch nicht von Hummelberta.« Erwin nickt in Richtung Küchentisch. »Ich werde mir eine Kochhexe bauen.«
»Eine Kochhexe. Aha.«
»Ja, mit einem kleinen Backofen dran, der alte Ofen ist mir zu riesig, da brauche ich immer fast drei Karren voll Holz. Dann baue ich da ein Dach drüber und schon habe ich eine Abenteuerküche für jede Jahreszeit. Was sagst du dazu?«
»Toll, Erwin. Mit dir wird es nie langweilig.«
Die Elfe faltet graziös ihre Flügel zusammen und setzt sich an den Küchentisch, Erwin gießt Rotwein in die Becher und beide stoßen an.
»Dann sollten wir das erst einmal richtig planen - also wir beide alleine, denn wenn Hummelberta oder Suse dabei sind, kannst du ja keinen klaren Gedanken fassen.«
»Na, ganz so schlimm ist es auch wieder nicht, aber du hast recht. Dann machen wir jetzt einen Plan.«
Erwin holt aus dem Schubfach seines Küchenbüfetts einen Schreibblock und einen Bleistift.
»Also, zuerst die Materialfrage. Ich brauche alte Ziegelsteine, Kanthölzer, Dachlatten und Dachziegel. Eine alte Ofentür wäre auch nicht schlecht, da werde ich mich bei Trödlern umschauen.« Er notiert alles säuber-lich, gießt Rotwein nach und lehnt sich zurück.
»Jetzt heißt es klotzen, sonst verpufft dein Vorhaben wie dein abgebrannter Zigarillo, ich kenne dich doch.« Hedwig hebt ihren Becher und grinst. Erwins Augenbrauen kräuseln sich zusammen, er legt den abgebrannten Zigarillostumpen in den Aschenbecher, nimmt einen Schluck Rotwein und notiert wieder etwas auf seinem Schreibblock.
»Damit du beruhigt bist, habe ich einen groben Zeitplan verfasst: Noch im April Fundamente herstellen, Steine besorgen und mit dem Mauern beginnen, Holz bestellen, im Mai muss er zum Probebacken und -kochen fertig sein, im Juni Dach drüber und Anfang Juli Einweihungsparty. Zufrieden?«
»Sehr zufrieden. Ich werde mich umhören, wo was zu holen ist, bin jetzt schließlich dein Bauberater. Zu unserer nächsten Sitzung sollten wir uns etwas feines kochen, das ist dann gleich für deine Rezeptsammlung. Ich habe letztens in meinem alten Kochbuch der Römer und Griechen geschmökert, was hältst du von einer Wildente mit Haselnüssen? Wir werden ein wenig experimentieren, denn die Beschreibungen der Zutaten sind da sehr ungenau.«
»Gute Idee, ich habe noch eine Wildente in der Gefriertruhe, die Eichenkötter vor Weihnachten geschossen hat.«

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