artale.de
  Startseite |   Mattmanns Blues |   Lieder & Lyrics |   Holzbackofen |   Abenteuerkochen |   Kontakt |   Impressum |   Datenschutz |

Waldschrats Abenteuerküche 9. Leseprobe: Seite 47 - 52

Erwin beginnt gleich am Sonntagvormittag, nach einem ausgiebigen Frühstück zusammen mit Suse, den Bogen vom Backofen zu mauern. Die Katze streicht ihm ab und an dabei um die Beine; sie zeigt ihm, dass sie ihr neues Zuhause angenommen hat. Suse holt sich aus dem Schuppen einen alten Melkschemel und setzt sich in die Sonne. Auf dem Schoß hat sie eine rote Plastikschüssel voller Kartoffeln, die sie schält und in den Kochtopf auf dem Erdboden plumpsen lässt. Erwin legt die Maurerkelle in den Mörtelkübel und streckt sich.
»Na Suse? Frühschoppen?«
»Scheinst eine gute Nacht gehabt zu haben, Erwin.«
»Ach, was du nicht sagst. Na ja, ging so.«
»Pass auf, Freund du.« Suse legt das Messer in die Schüssel, steht auf und geht ins Haus. Sie kommt mit einer Flasche Rotwein und zwei Bechern, die rechts und links in den Taschen ihrer Schürze stecken, zurück. Ihre lange Nase weist in Erwins Richtung.
»Wenn du nicht so gut riechen würdest, egal womit du beschäftigt bist, hätte ich dich längst verlassen.«
»Das schaffst du nicht, Suse Mabuse.«
Erwin schnappt sich die Flasche Rotwein, klappt sein Schweizer Taschenmesser auf, welches keinen Flaschenöffner, dafür aber einen Korkenzieher hat, und entkorkt sie. Es macht Plopp, die Katze zuckt.
»Ich bin gespannt, nach wie viel Pullen die das gerafft hat. Klara Wollust, die braucht wohl 'nen Kater.«
»Untersteh dich!«
»Was?«
»Das auf Pia Wollust zu projizieren.«
Erwin grinst und füllt die Becher, die Suse ihm hin-hält. Beide stoßen an.
»Aber das kannst du ihr doch nicht absprechen. Mann, wie die ihre roten Locken schüttelt.«
»Erwin? Wir foltern dich - ich und Berta.«
»Oh, und wenn ich Masochist bin?«
»Bist du aber nicht, da müsste ich mich wirklich stark täuschen.«
»Frag Berta.«
»Ja, die geht doch mit ihren Ringelsocken ins Bett.«
Suse lacht schrill auf, beide stoßen wieder an.
»Party hier, oder was?« tönt es plötzlich vom Hoftor. Dort steigt Berta von ihrem Uralt-Fahrrad und Pia von ihrem Minirad.
»Heute ist kein Festessen angesagt«, mault Erwin.
»Nee, aber Frühschoppen.« Pia schüttelt ihre roten Locken, Suse schnauft und Berta holt aus dem Schuppen Gartenstühle.
»Der ist ein Masochist«, sagt Suse lachend.
»Wer, Erwin etwa?« Berta lässt sich auf einen Gartenstuhl plumpsen.
»Ja, ich habe ihm angedroht, dass wir ihn foltern.«
»Warum?«
»Na, schau doch hin, wie der die Pia angiert.«
»Stimmt, dann müssten wir tätig werden.«
»Ohne Rotwein wird hier niemand tätig.« Jetzt wird Pia tätig und holt aus der Küche noch zwei Becher und eine weitere Flasche Rotwein. Wieder macht es Plopp und die Katze zuckt. Pia hebt ihren Becher.
»Keine Panik Mädels. Ich halte mich zurück und warte, bis Erwin über mich herfällt.«
»Macht der nie«, sind sich Suse und Berta einig.
»Dann ist doch alles gut.« Pia schüttelt ihre Locken jetzt vorsichtshalber nicht.

Die Frauen stellen den Gartentisch zum Mittag mitten auf den Hof, Erwin setzt der weile noch einige Steine auf den Backofen. Zum Essen gibt es Kartoffeln mit der restlichen Kokosmilchsauce, zwei Fleischklößchen werden halbiert und verteilt. Erwin schafft es trotz Frühschoppen die Kappe vom Backofen bis auf eine Rollschicht zu mauern. Pia und Berta radeln nachhause, Erwin und Suse sitzen in der restlichen Nachmittagssonne und trinken Kaffee. Aus dem nahen Wald hören sie Stimmen, nach einer Weile tritt die Elfe hinter dem Schuppen hervor. Hinter ihr erscheint ein spindeldürres Weiblein. Es trägt ein hellgrünes Kleid, welches aus feinen Binsenfasern gewebt ist. Auf dem Rücken trägt sie einen gelben Rucksack.
»Darf ich vorstellen? Meine Freundin, die Kunkel.«
Die Kunkel kommt scheu ein wenig näher, sie duftet nach feuchter Wiese. Ihre strohgelben Haare hält eine Haarspange in Form einer Libelle zusammen.
»Ich grüße euch«, sagt die Kunkel leise.
»Tach Kunkel«, erwidert Erwin, steht auf und reicht ihr seine Hand. Die Hand der Kunkel verschwindet in Erwins Pranken, sie fühlt sich kühl an.
»Die Kunkel wohnt an den Torflöchern«, erklärt die Elfe. »Sie ernährt sich zwar vegan, aber unsere Koch-abenteuer findet sie interessant. Wir haben heute Vormittag die ersten jungen Kräuter gepflückt.«
»Du kennst aber auch wirklich die schrägsten Typen, Hedwig.« Suses Nase saugt alle Nuancen vom Duft der Kunkel ein. »Möchtet ihr was trinken?«
»Bitte koch' uns einen Tee, mit diesen Kräutern.«
Die Kunkel nimmt ihren Rucksack ab und holt daraus einen kleinen Leinenbeutel hervor. Suse geht mit dem Beutelchen in die Küche, Hedwig und die Kunkel setzen sich zu Erwin an den Tisch. Der steckt sich vor Aufregung sofort einen Zigarillo an. Die Kunkel wedelt demonstrativ den Qualm von sich weg.
»Sag mal, Kunkel, hast du auch einen Namen?«
»Ja, Isa Binsenweis heiße ich.«
»Isa Binsenweis«, wiederholt Erwin. »Bist du auch ein wenig binsenweise?«
»Natürlich, Kunkeln kennen sich in der Pflanzenwelt bestens aus.« Die Kunkel dreht sich um und zeigt zum Zaun neben dem Hühnerstall. »Du hast dort zwei schöne Fichten zu stehen, siehst du die hellgrünen Triebe? Die solltest du in den nächsten Tagen pflücken und verwerten.«
»Oha, und was mache ich damit?«
»Versuche es zuerst mit Fichtenwipfelsalz, Sirup kannst du auch daraus herstellen. Das macht eure Kochexperimente interessanter.«
Suse kommt mit einer Teekanne und zwei Tassen wieder; es duftet nach frischer Frühlingswiese als sie den Tee eingießt.
»Unsere vegane Freundin heißt Isa und in der kommenden Woche werden wir Fichtenwipfelsalz und Sirup zubereiten«, sagt Erwin zu Suse.
»Prima, unsere Runde wird immer größer.«
»Und interessanter.« Erwin drückt seinen Zigarillo an der Unterseite vom Gartentisch aus, die Frauen trinken ihren Tee. Isa schreibt für Erwin Notizen zu den Fichtenwipfeln auf. Als die Sonne beginnt, hinter den Fichten zu versinken, machen sich Hedwig und Isa auf den Nachhauseweg. Erwin und Suse hören noch das Staksen von Isas Knotenstock, das immer leiser wird. Dann fährt Erwin mit Suse ins Dorf. Nachdem er Suse vor ihrem Haus abgesetzt hat, schaut er noch in der Dorfkneipe vorbei. Dort sitzt Hermann Eichenkötter mit dem Fischer Friedrich Busemann bei einem Bier. Erwin gesellt sich dazu und vereinbart mit Eichenkötter, dass der ihm am Freitag die Kanthölzer anfährt. Nach drei Mollen Bier fährt Erwin in den dunklen Maiabend hinein Richtung Tann. Dort sitzt die Katze vor der Haustür.
»Dich hätte ich fast vergessen, Klara. So viel los gewesen an diesem Wochenende.«
Die Katze folgt ihm ins Haus und legt sich in der Küche sofort in ihre Kiste. Erwin stapft die Treppe zur Schlafkammer hinauf.

Fichtenwipfelsalz

Mitte Mai die hellgrünen Wipfel pflücken, ca. 2 - 3 cm, Ende Mai sind sie meistens schon zu trocken.

100g Fichtenwipfel
ca. 150g körniges Meersalz
Blätter von einem Stängel Oregano

mischen und in einer alten Kaffeemühle fein mahlen.

Oder je Mühlen-Füllung Fichtenwipfel, 2 Blätter Oregano, obenauf 2 und ½ Teelöffel Salz.

Das gemahlene Gemisch auf einem Ofenblech, ausgelegt mit Backpapier, bei 50°C trocknen, gegebenenfalls nochmals mahlen. In kleine Schraubgläser füllen, passt gut zu Wild, Grillgut und Fisch.


Fichtenwipfel-Sirup

100g Fichtenwipfel und 250g Zucker in einem 630 ml-Glas abwechselnd schichten, obenauf 50g Zucker.
Das Glas an eine warmen sonnigen Ort stellen. Nach ungefähr 6 Wochen ist der Zucker flüssig und die Wipfel sind braun geworden. Den Sirup abseihen und in einem Schraubglas im Kühlschrank aufbewahren. Eignet sich gut zum Verfeinern von Saucen.


© Christian Koch

» zurück

Waldschrats Abenteuerküche